Mittwoch, 16. April 2014

22. Etappe…..09.-14. Mai 2011



Mittwoch, 11. Mai 2011
sonnig-warm bei 22 Grad
                        
22. Etappe:  Linderhofe – Dörentrup – Lemgo - Detmold

Tagesstrecke:  31 km
Gesamtstrecke: 569 km
Wanderweg:  E1

Gut geschlafen mussten wir relativ früh aufstehen, denn Astrid wollte gegen Mittag wieder in Bremen sein. Nach dem Frühstück, in Buffetform, wurde sie dann im Hotelbus nach Hameln gebracht. Später sagte sie, es hätte sie sehr beeindruckt, dass die Fahrt nach Hameln so kurz erschien und wir dafür zwei Tage brauchten. Unbewusst rasen und reisen wir von einem Ende zum nächsten. Auto, Bahn oder Flugzeug. Müssten wir alles erlaufen, wären wir sehr schnell entschleunigt! Ich bin mir sicher, dass unser „Freizeitstress“ auch daher rührt, dass wir so mobil sind.
Mein Weg sollte mich heute also nach Detmold führen, den ich dann auch gleich mal hinter Linderhofe verpasste. Jedoch war das nicht weiter schlimm, denn ohne großen Umweg würde ich auch so wieder auf den richtigen kommen. Das geschah dann auch, nach drei Kilometern, in Schwelentrup. Die Wegführung entlang kleiner Straßen und Feldwege war gut markiert und führte zwischen Feldern hindurch. Es wehte kein Wind und die Sonne wollte heute mal zeigen, zu was sie imstande sei. Der Schweiß floss nur so. Kurz vor Dörentrup hörte ich schon kreischende Kinder und eine Geräuschkulisse, die vermuten ließ, dass mehr als fünf Kinder hinter der nächsten Ecke sein mussten. Leicht bergab ging es zu einem Bauernhof mit vielen Spielgeräten und den vermuteten Kindern. Ein Schild deutete auf einen Ferienbauernhof hin. Mein Weg ging quer über selbigen. Die Kinder und zum Teil auch Erwachsene waren entweder körperlich oder geistig eingeschränkt, aber alle mit einem Lächeln auf den Lippen. Zwei kamen auf mich zu und fragten, nicht nach meinem Weg oder meinem Vorhaben, nein, sie fragten: „Was machst du hier..?“ Erst wusste ich gar nichts darauf zu antworten und aus der Verlegenheit heraus sagte ich dann: „Wandern!“ Bevor die beiden überhaupt lange über meine Antwort nachdenken konnten, rannten sie auch wieder weg in Richtung eines ankommenden Treckers mit Anhänger, auf dem weitere Kinder saßen. Es waren wohl Rundfahrten und sie waren nun an der Reihe mitzufahren. Lange habe ich noch darüber nachdenken müssen, warum mich die Situation so verunsichert beziehungsweise beängstigt hat. Es ist wohl die Unsicherheit, wie man mit körperlich und geistig behinderten Menschen umgehen soll. Und ich kam zum Ergebnis- ganz normal, wie mit Nichtbehinderten. Sicher wünschen sie es sich auch von ihrer Umwelt.
Nach kleinen Orientierungsschwierigkeiten ging es nun durch herrliche Laubwälder. Das Maigrün der jungen Triebe tat schon fast in den Augen weh. Immer wieder konnte ich durch Lichtungen in die Ferne gucken und der Weg war ein reiner Wanderpfad, der identisch mit dem Wanderweg- Hansaweg war. Menschen sind mir nicht begegnet! Kurz vor Lemgo endete der Wald. Lemgo kannte ich nur vom Hörensagen und verband damit eigentlich nur den Handballsport, für den ich mich nicht wirklich interessierte. Trotzdem sei erwähnt, dass Handball dort sehr erfolgreich gespielt wird, Meisterschaften und Pokale wurden errungen. Die Spiele finden in der Lipperlandhalle, an dem der E1 direkt vorbei ging, statt. Der E1 führt nicht direkt durch die Stadt, mehr am Rand der Innenstadt, auf dem alten Stadtgraben entlang. Ich haderte mit mir, kurz auf ein Bier in die Stadt zu gehen. Während ich noch überlegte, war die Möglichkeit auch schon dahin, Lemgo lag schon hinter mir.

Auf der Südseite von Lemgo ging es dann erst mal bergan. Immer wieder blickte ich zurück und konnte meinen heutigen Weg bestimmen. Langsam bekam ich Hunger, jedoch war nie der für mich richtige Platz zu finden. Als ich die Suche aufgab, setzte ich mich einfach an den Rand einer kaum befahrenen Straße und machte Pause. Ein junges Mädchen, dass des Weges kam, würdigte mich keines Blickes.

Zwei-, dreimal guckte ich irritiert auf die Karte. Sollte ich wirklich erst die Hälfte geschafft haben? Weiter, zwischen einem Gehöft in Wahmbeck hindurch, gab es einen kleinen Anstieg. Absperrungen und Warnschilder wiesen auf einen Steinbruch hin, der auch noch in Betrieb war. Der Weg führte direkt an der Abbruchkannte entlang zum Ort Loßbruch. Als ich in Loßbruch auf eine Kreuzung kam, war diese komplett gesperrt. Große Teermaschinen und Walzen erneuerten die Fahrbahn.  Ich konnte nicht erkennen, wie ich an dieser Stelle vorbei gelangen könnte. So zwängte ich mich zwischen frischem Teer und Graben, Graben und Zaun, Zaun und Teer hindurch, um auf der anderen Seite der Straße festzustellen, dass auf der anderen Seite ein Durchgang war.

Meine Beine wurden müde, der Rücken tat weh. Ich wusste, dass nach dem nächsten Hügel Detmold in Sicht kommen würde. So lief und lief ich entlang eines schönen Weges, blickte immer wieder über die Felder. So ging das gute 30 Minuten, als in mir die Frage hoch kam, wann ich denn wohl den letzten Wegweiser vor Augen hatte. Lange her, zu lange. Als auch am nächsten Baum kein Wegweiser zu erkennen war, musste ich mich mit der Tatsache auseinander setzen, dass ich den Weg verfehlt hatte. Dieses Mal, sehr sauer auf mich selbst, ging es auf dem Absatz zurück, im strammen Schritt. Nun wieder auf dem rechten Weg konnte ich Detmold erkennen und auch auf einem Berg das Hermannsdenkmal, südwestlich von Detmold auf einer Anhöhe. Ich freute mich schon auf mein Bierchen, das mich gleich in Detmold erwarten würde. Es wartete noch lange, denn der Weg zog sich noch sehr. Erst nachdem es gute fünf Kilometer oder auch 80 Minuten durch Vororte ging, stand mein Bier vor mir. Ich war alle. Detmold empfinde ich als sehr schön. Alte Häuser, schöne Plätze. Obwohl ich mich noch gerne weiter ausgeruht hätte, musste ich weiter. Die Jugendherberge lag etwas außerhalb auf einem Hügel zwei Kilometer vom Stadtkern entfernt. Auf dem Weg dorthin bin ich an schönen Villen vorbei gekommen, alten wie neuen. In der Jugendherberge habe ich dann ein Vierbettzimmer mit eigener Dusche und WC bekommen, Rennmäuse waren natürlich auch zugegen.

Frisch geduscht meldete sich der kleine Hunger. Also wieder zurück in die Stadt. Und nun war es wieder mal so weit: Die sozialen Ängste kamen in mir hoch. Auch wenn ein Restaurant schön aussah, traute ich mich nicht hinein. Der Druck, gesehen zu werden, was ja klar wäre, war so groß, dass ich mich nicht traute, irgendwo reinzugehen. Als ich dann allen Mut zusammen nahm und ein Restaurant betrat, sagte man mir, dass die Küche schon zu sei. Puh- war klar! So irrte ich mit großem Hunger durch Detmold umher. Als ich dann schon wieder auf dem Rückweg zur Jugendherberge war, ohne zu essen, erblickte ich eine Art Biergarten. Ich sondierte die Lage - ein Tisch war frei. Angst, leck mich mal, ich habe Hunger und Durst. Am Ende waren es ein Salat und ein paar Biere.

Auf dem Weg zur Schlafstätte machte ich mir über mein Verhalten viele Gedanken. Warum, weshalb und überhaupt. Aber wer ist schon frei von Ängsten, real oder nicht. Überwunden sind die Ängste meist nicht schlimm. Üben, üben, üben!

Gute Nacht und bis Morgen, Herman (Hermansdenkmal).


   

 



Lemgo, die "Handballstadt", lag hinter mir. Über die Hügel im Hintergrund bin ich gekommen.
 






Straßenarbeiten in Loßbruch. Hier war es gar nicht so leicht durch zu kommen!








Detmold voraus. Herman (Hermansdenkmal) war schon in Sicht, auf den Hügeln hinter Detmold. 









80 Minuten später, in der schönen Stadt Detmold, das wohlverdiente Bier. Ich kann behaupten, ich war alle!



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