Mittwoch,
11. Mai 2011
sonnig-warm bei 22 Grad
22. Etappe: Linderhofe – Dörentrup – Lemgo - Detmold
Tagesstrecke: 31 km
Gesamtstrecke: 569 km
Wanderweg: E1
sonnig-warm bei 22 Grad
22. Etappe: Linderhofe – Dörentrup – Lemgo - Detmold
Tagesstrecke: 31 km
Gesamtstrecke: 569 km
Wanderweg: E1
Gut
geschlafen mussten wir relativ früh aufstehen, denn Astrid wollte gegen Mittag
wieder in Bremen sein. Nach dem Frühstück, in Buffetform, wurde sie dann im
Hotelbus nach Hameln gebracht. Später sagte sie, es hätte sie sehr beeindruckt,
dass die Fahrt nach Hameln so kurz erschien und wir dafür zwei Tage brauchten.
Unbewusst rasen und reisen wir von einem Ende zum nächsten. Auto, Bahn oder
Flugzeug. Müssten wir alles erlaufen, wären wir sehr schnell entschleunigt! Ich
bin mir sicher, dass unser „Freizeitstress“ auch daher rührt, dass wir so mobil
sind.
Mein Weg
sollte mich heute also nach Detmold führen, den ich dann auch gleich mal hinter
Linderhofe verpasste. Jedoch war das nicht weiter schlimm, denn ohne großen
Umweg würde ich auch so wieder auf den richtigen kommen. Das geschah dann auch,
nach drei Kilometern, in Schwelentrup. Die Wegführung entlang kleiner Straßen und Feldwege war gut markiert und
führte zwischen Feldern hindurch. Es wehte kein Wind und die Sonne wollte heute
mal zeigen, zu was sie imstande sei. Der Schweiß floss nur so. Kurz vor Dörentrup
hörte ich schon kreischende Kinder und eine Geräuschkulisse, die vermuten ließ,
dass mehr als fünf Kinder hinter der nächsten Ecke sein mussten. Leicht bergab
ging es zu einem Bauernhof mit vielen Spielgeräten und den vermuteten Kindern. Ein Schild deutete auf einen Ferienbauernhof
hin. Mein Weg ging quer über selbigen. Die Kinder und zum Teil auch Erwachsene
waren entweder körperlich oder geistig eingeschränkt, aber alle mit einem
Lächeln auf den Lippen. Zwei kamen auf mich zu und fragten, nicht nach meinem
Weg oder meinem Vorhaben, nein, sie fragten: „Was machst du hier..?“ Erst
wusste ich gar nichts darauf zu antworten und aus der Verlegenheit heraus sagte
ich dann: „Wandern!“ Bevor die beiden überhaupt lange über meine Antwort
nachdenken konnten, rannten sie auch wieder weg in Richtung eines ankommenden
Treckers mit Anhänger, auf dem weitere Kinder saßen. Es waren wohl Rundfahrten
und sie waren nun an der Reihe mitzufahren. Lange habe ich noch darüber
nachdenken müssen, warum mich die Situation so verunsichert beziehungsweise
beängstigt hat. Es ist wohl die Unsicherheit, wie man mit körperlich und
geistig behinderten Menschen umgehen soll. Und ich kam zum Ergebnis- ganz
normal, wie mit Nichtbehinderten. Sicher wünschen sie es sich auch von ihrer
Umwelt.
Nach
kleinen Orientierungsschwierigkeiten ging es nun durch herrliche Laubwälder.
Das Maigrün der jungen Triebe tat schon fast in den Augen weh. Immer wieder
konnte ich durch Lichtungen in die Ferne gucken und der Weg war ein reiner
Wanderpfad, der identisch mit dem Wanderweg- Hansaweg war. Menschen sind mir
nicht begegnet! Kurz vor Lemgo endete der Wald. Lemgo kannte ich nur vom Hörensagen
und verband damit eigentlich nur den Handballsport, für den ich mich nicht
wirklich interessierte. Trotzdem sei erwähnt, dass Handball dort sehr
erfolgreich gespielt wird, Meisterschaften und Pokale wurden errungen. Die
Spiele finden in der Lipperlandhalle, an dem der E1 direkt vorbei ging, statt. Der E1
führt nicht direkt durch die Stadt, mehr am Rand der Innenstadt, auf dem alten
Stadtgraben entlang. Ich haderte mit mir, kurz auf ein Bier in die Stadt zu
gehen. Während ich noch überlegte, war die Möglichkeit auch schon dahin, Lemgo
lag schon hinter mir.
Auf der Südseite von Lemgo ging es dann erst mal bergan.
Immer wieder blickte ich zurück und konnte meinen heutigen Weg bestimmen. Langsam
bekam ich Hunger, jedoch war nie der für mich richtige Platz zu finden. Als ich
die Suche aufgab, setzte ich mich einfach an den Rand einer kaum befahrenen
Straße und machte Pause. Ein junges Mädchen, dass des Weges kam, würdigte mich
keines Blickes.
Zwei-, dreimal guckte ich irritiert auf die Karte. Sollte ich
wirklich erst die Hälfte geschafft haben? Weiter, zwischen einem Gehöft in
Wahmbeck hindurch, gab es einen kleinen Anstieg. Absperrungen und Warnschilder
wiesen auf einen Steinbruch hin, der auch noch in Betrieb war. Der Weg führte
direkt an der Abbruchkannte entlang zum Ort Loßbruch. Als ich in Loßbruch auf
eine Kreuzung kam, war diese komplett gesperrt. Große Teermaschinen und Walzen
erneuerten die Fahrbahn. Ich konnte
nicht erkennen, wie ich an dieser Stelle vorbei gelangen könnte. So zwängte ich
mich zwischen frischem Teer und Graben, Graben und Zaun, Zaun und Teer hindurch,
um auf der anderen Seite der Straße festzustellen, dass auf der anderen Seite
ein Durchgang war.
Meine Beine wurden müde, der Rücken tat weh. Ich wusste,
dass nach dem nächsten Hügel Detmold in Sicht kommen würde. So lief und lief
ich entlang eines schönen Weges, blickte immer wieder über die Felder. So ging
das gute 30 Minuten, als in mir die Frage hoch kam, wann ich denn wohl den
letzten Wegweiser vor Augen hatte. Lange her, zu lange. Als auch am nächsten
Baum kein Wegweiser zu erkennen war, musste ich mich mit der Tatsache auseinander
setzen, dass ich den Weg verfehlt hatte. Dieses Mal, sehr sauer auf mich
selbst, ging es auf dem Absatz zurück, im strammen Schritt. Nun wieder auf dem
rechten Weg konnte ich Detmold erkennen und auch auf einem Berg das Hermannsdenkmal, südwestlich von Detmold auf einer Anhöhe. Ich
freute mich schon auf mein Bierchen, das mich gleich in Detmold erwarten würde.
Es wartete noch lange, denn der Weg zog sich noch sehr. Erst nachdem es gute
fünf Kilometer oder auch 80 Minuten durch Vororte ging, stand mein Bier vor
mir. Ich war alle. Detmold empfinde ich als sehr schön. Alte Häuser, schöne
Plätze. Obwohl ich mich noch gerne weiter ausgeruht hätte, musste ich weiter.
Die Jugendherberge lag etwas außerhalb auf einem Hügel zwei Kilometer vom Stadtkern
entfernt. Auf dem Weg dorthin bin ich an schönen Villen vorbei gekommen, alten
wie neuen. In der Jugendherberge habe ich dann ein Vierbettzimmer mit eigener
Dusche und WC bekommen, Rennmäuse waren natürlich auch zugegen.
Frisch
geduscht meldete sich der kleine Hunger. Also wieder zurück in die Stadt. Und
nun war es wieder mal so weit: Die sozialen Ängste kamen in mir hoch. Auch wenn
ein Restaurant schön aussah, traute ich mich nicht hinein. Der Druck, gesehen
zu werden, was ja klar wäre, war so groß, dass ich mich nicht traute, irgendwo
reinzugehen. Als ich dann allen Mut zusammen nahm und ein Restaurant betrat,
sagte man mir, dass die Küche schon zu sei. Puh- war klar! So irrte ich mit
großem Hunger durch Detmold umher. Als ich dann schon wieder auf dem Rückweg
zur Jugendherberge war, ohne zu essen, erblickte ich eine Art Biergarten. Ich
sondierte die Lage - ein Tisch war frei. Angst, leck mich mal, ich habe Hunger
und Durst. Am Ende waren es ein Salat und ein paar Biere.
Auf dem Weg zur
Schlafstätte machte ich mir über mein Verhalten viele Gedanken. Warum, weshalb
und überhaupt. Aber wer ist schon frei von Ängsten, real oder nicht. Überwunden
sind die Ängste meist nicht schlimm. Üben, üben, üben!
Gute Nacht und bis Morgen,
Herman (Hermansdenkmal).
Lemgo, die "Handballstadt", lag hinter mir. Über die Hügel im Hintergrund bin ich gekommen.
Straßenarbeiten in Loßbruch. Hier war es gar nicht so leicht durch zu kommen!
Detmold voraus. Herman (Hermansdenkmal) war schon in Sicht, auf den Hügeln hinter Detmold.
80 Minuten später, in der schönen Stadt Detmold, das wohlverdiente Bier. Ich kann behaupten, ich war alle!
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