Dienstag,
14. September 2010
Dauerregen, 16 Grad
16. Etappe: Otternhagen – Poggenhagen – Steinhude - Hagenburg
Tagesstrecke: 21 km
Gesamtstrecke: 433 km
Wanderweg: E1
Dauerregen, 16 Grad
16. Etappe: Otternhagen – Poggenhagen – Steinhude - Hagenburg
Tagesstrecke: 21 km
Gesamtstrecke: 433 km
Wanderweg: E1
Meine gute körperliche
Verfassung vom Vortag wurde durch Herrenhäuser zunichte gemacht. Der Kopf
rasselte wie der Regen an die Fensterscheibe. Es war bereits 9 Uhr, und ich war
noch richtig müde. Nachdeum ich eine Aspirin eingeworfen hatte und mich abermals
ins Bett legte, wurden meine Kopfschmerzen besser. Nachdem ich geduscht und
meinen Rucksack vorgepackt hatte, ging es zum Frühstück. Ich war einziger Gast
und das Frühstück war nicht üppig, aber ausreichend. Eine sehr große Glasfront
ließ mich immer auf den mal mehr mal weniger heftigen Regen schauen. Um 10.15 Uhr stand ich dann unter dem Vordach
des Hoteleinganges in Regenklamotten, über mir und dem Rucksack noch der grüne
Poncho. Schwerfällig ging ich los und merkte schnell, dass die ganzen Klamotten
an mir die Bewegungsfreiheit sehr einschränkten. Auch die Atmungsaktivität ließ
nun sehr zu wünschen übrig, eigentlich war sie gänzlich nicht mehr vorhanden.
So müssen sich also Astronauten auf einem Mondspaziergang fühlen.
Nach kurzer
Zeit kam ich in ein Waldstück. Der Regen fiel mir kaum mehr auf, ich gewöhnte
mich daran. Mein Rucksack saß an diesem Morgen nicht gut und schmerzte, tags
zuvor hatte ich das auch bemerkt. Jetzt den Rucksack abzunehmen und neu
einzustellen musste gut überlegt werden. Denn den „Astronautenanzug“ aus- und
wieder anzuziehen war ein echter Kraftakt und so dauerte es dann auch lange,
bis ich mich entschlossen hatte, eine Pause einzulegen, um den Rucksack neu zu
justieren. Da es nicht mehr allzu stark regnete, ließ ich den Poncho erst am
Rucksack hängen. Die Justierung war erfolgreich, das Drücken war für einige
Zeit weg.
Kurz vor
Bordenau ging es leicht wellig durch ein Art Park mit Wald und großem See. Mein
Blick war auch auf eine Niederung gerichtet, in dem sich ein Fluss in
Schlangenlinien seinen Weg bahnte. Die Leine entspringt in Thüringen und mündet
in die Aller. Die Waldwege waren sehr aufgeweicht, matschig und um nicht in
großen Pfützen zu landen oder gar auszurutschen, musste ich mich konzentrieren
und meine Blicke auf den Weg richten. Schade, denn die Gegend war sehr
sehenswert. Die Leine überquerte ich zwischen Bordenau und Poggenhagen. Durch
Poggenhagen selbst lief eine zweigleisige Bahnlinie. Neben ellenlangen
Güterzügen mit ohrenbetäubendem Lärm kamen hier auch ICE Züge vorbei. In einem
Bushäuschen machte ich Mittag. Eines dieser typischen Bushäuschen mit
Kritzeleien und blöden Sprüchen. „I Love….“ - „Hans liebt Insa“ - „Paul ist
blöd“-„A+L“ mit Herz drum – „B….. ist ein Streber“ - „LARSI ist SchwuL“!! Moment mal. Außer, dass
es völlig falsch geschrieben war, war das eine Lüge, denn das weiß ich ganz
sicher: Ich bin nicht schwul. Mein Blick aus dem Häuschen war sehr ernüchternd.
Die Häuser waren nicht schön, die Straße zu groß, der Bahnverkehr
allgegenwärtig. Mir kam mein Zuhause in den Sinn und wie gut ich es in meinem
Reich habe. Meine Gedanken wurden jäh unterbrochen, denn ein Bus fuhr vor,
Schulkinder stiegen aus und liefen in verschiedene Richtungen. Meine Richtung
war auch vorgegeben: dem E1 folgen.
Von Poggenhagen aus ging es an einer stark
befahrenen Landstraße gute drei Kilometer am Militärflugplatz Wunstorf entlang.
Der Flugplatz selbst war durch einen Waldrand nicht zu erkennen, jedoch die
Gebäude und die Sicherheitsabsperrungen. Der Flugplatz wird in Zukunft als
Typenstützpunkt des Truppenflugzeugs A400M genutzt und erweitert. Schon oft bin
ich an Militärgeländen vorbei gekommen, aber dieser Ort ist einer der wenigen,
der ausgebaut und nicht aufgegeben wurde.
Der Regen
wurde wieder stärker. Der „Astronautenanzug“ bekam wieder seine Chance, sich zu
beweisen. Am Waldrand entlang, zum Steinhuder Meer, gab es viele Weiden mit
Pferden. Die Wegmarkierungen waren sehr gut, die Karte brauchte ich zum Glück
nicht. In Steinhude angekommen war es mit der herrlichen Beschilderung dann
vorbei. Entweder hatte ich sie verpasst, oder aber sie war nicht vorhanden.
Mein Sichtfeld war durch den „Astronautenanzug“ auch sehr eingeschränkt. Die
Kapuze besaß links und rechts eine Art Sichtfenster, die einen klaren Blick
nicht zugelassen haben. So lief ich durch Einfamilienhäuser Siedlungen
orientierungslos umher. Was mir auffiel, war, dass die Häuser zum Steinhuder
Meer hin immer schicker und pompöser wurden. Irgendwie bin ich dann doch zum
Ortskern und See gelangt. Einige Touris, die mit Bussen angekarrt wurden,
schlichen hin und her. Ich suchte weiter nach Hinweisen des E1. Hier und da
klebte ein Hinweis, jedoch nicht so sinnig, dass ich erkennen konnte wo es
weiter gehen könnte. Erst mal beschloss ich, in einem Café Platz zu nehmen,
Kaffee und Kuchen mussten her. Bevor ich überhaupt Platz nehmen konnte, musste
ich meine ganzen Regenklamotten ausziehen und verstauen. Ich hätte lieber einen
„Coffee to go“ nehmen sollen, denn nach meinem Aufenthalt müsste ich alles
wieder überziehen.
Den Weg fand ich nach meinem „Kaffeekränzchen“ nicht, wusste
jedoch die Richtung und wanderte somit am Steinhuder Meer entlang an schönen
Villen vorbei. Das Steinhuder Meer ist der größte Binnensee Niedersachsens vor
dem Dümmer und dem Zwischenahner Meer, das nicht mal 20% so groß ist. Steinhude
lag nun hinter mir und ich beschloss, in einer schönen Schutzhütte Platz zu
nehmen, um Karten, die ich im Café gekauft hatte, zu schreiben. Auch das wollte
ich fototechnisch festhalten. Als ich in der Hütte schrieb, war es kaum am Regnen.
Als ich wieder los wollte, fing es sogleich wieder an. Ich versuchte, das nicht
persönlich zu nehmen!
An einem 90 Grad Abzweig, habe ich dann wieder einen
Wegweiser des E1 erblickt, kurz vor meinem Tagesziel, Hagenburg. Der Regen war
wieder stark, als ich meine Unterkunft erreichte. Die Vermieter bedauerten mich
sogleich, boten mir ein anderes teureres Zimmer an und erzählten von ihren
Erlebnissen mit Gästen! Ich stand da,
ich tropfte, ich wollte duschen. Das „Upgrade“ habe ich ausgeschlagen und bezog
mein gebuchtes „Zimmer“. Dieses befand sich an der Seite des Hauses, mit
eigenem Eingang. Ich vermutete, dass dieses „Zimmer“ in vergangener Zeit mal
als Gartengeräteschuppen genutzt wurde. Nicht, dass es nicht alles hatte, was
ich brauchte, nein, die Form des Zimmers war es, die mir befremdlich vorkam. 150
x 500 cm! Für 52 Euro fand ich das schon spektakulär, es war aber okay, denn es
war geschmackvoll eingerichtet. Sogar zwei Enten fanden am Kopfende des Bettes Platz.
Der Regen
hörte am Abend auf und auf Empfehlung meiner Vermieter ging ich einen Kilometer
weiter die Straße entlang zu einem Restaurant mit mediterranem Angebot.
Auf dem
Rückweg fiel mir ein sehr hoher Hügel im Süden auf, der
oben beleuchtet war. Am nächsten Tag, es sollten dann ganze 33 Kilometer
werden, komme ich diesem „Berg“ noch näher.
Meine körperliche Verfassung
empfand ich als hervorragend, jedoch hatte ich auch noch keine großen
Leistungen vollbringen müssen. Das würde sich morgen ändern!
Als ich
dann in meinem „Geräteschuppen“ lag, hörte ich noch „Ein Mann, ein Fjord“ und
schlief, unter den wachsamen Augen der Enten, ein.
Der Tag des Regens. Auch wenn ich meinen "Astronautenanzug" in Form eines Ponchos nicht trug, so war ich mit den Regensachen in der Bewegung etwas eingeschränkt. Die Laune scheint dem keinen Abbruch zu tun, ich bin gut drauf!
Diese Verleumdung musste
ich in Poggenhagen lesen.
Der Blick aus der Busbude sagte mir auch, ich habe ein schönes Zuhause!
Kaffeepause am Steinhuder Meer. Zeit zum Postkarten schreiben.
Die beiden Enten, oder sind es Gänse, überwachten meinen Schlaf in Hagenburg.