Donnerstag,
28. Mai 2009
Erst Regen, dann Aufheiterung bei 18 Grad
14. Etappe: Celle - Wennebostel
Tagesstrecke: 33 km
Gesamtstrecke: 393 km
Wanderweg: E1/Regionale Wege
Erst Regen, dann Aufheiterung bei 18 Grad
14. Etappe: Celle - Wennebostel
Tagesstrecke: 33 km
Gesamtstrecke: 393 km
Wanderweg: E1/Regionale Wege
Schlecht
geschlafen wachte ich früh auf. Der Rücken und das Schienbein schmerzten. Der
Wetterbericht hatte Recht behalten: Es regnete. Das Frühstück war schnell
eingenommen, meine Thermoskanne hatte ich mir noch mit Kaffee füllen lassen.
Vor der Jugendherberge standen zwei Typen mit ihren Motorrädern, die ebenfalls
in der Herberge geschlafen hatten. Über den Regen haben die sich sichtlich
nicht gefreut. Falls der Regen sich verstärken sollte, hatte ich zur Sicherheit
meine Regenhose übergezogen, und so trottete ich los.
Schnell merkte ich mein
Schienbein und in einer Art Schonhaltung konnte ich die Schmerzen ein wenig
eindämmen, aber wirklich nur ein wenig. Wie wir alle wissen, wirken sich Schonhaltungen
auf andere Gliedmaßen nicht immer positiv aus, mal abwarten, was da heute noch
so auf mich zukommen sollte.
Kurze Zeit später ließ der Regen nach, ich konnte
die Regenhose, die die Wärme eh nur staute, wieder ausziehen und verstauen. Die
Wegmarkierungen in Celle waren alles andere als gut. Entweder nicht vorhanden
oder derart alt und schlecht, dass ich größte Mühe hatte, sie zu finden. Da kam
es gerade recht, dass ein älterer Herr auf einem Rad anhielt, mich fragte, ob
ich den E1 laufen würde und mir mitteilte, dass der Weg hinter der nächsten
Brücke rechts abgehen würde. Nun gut, ich bedankte mich und 20 Minuten später
stand ich an besagter Stelle und bog an einer belebten Straße Richtung Westen ab.
Ich war nun am Rande von Celle und mehr durch Zufall als durch Wissen fielen
mir kaum erkennbare Wegweiser auf, die mich nun in einen Wald führten. Kurze
Zeit später war es vorbei mit Wegweisern. Entgegen meiner Erfahrung kehrte ich
nicht um, um den letzten Wegweiser nochmals aufzusuchen, ich lief einfach weiter
bis zum Ort Wietzenbruch. Viel zu spät guckte ich auf die Karte. Ups- völlig
neben der Spur. Ich hätte nun 1,5 Kilometer weiter im Norden sein müssen, den
E1 hatte ich nun völlig verpasst und meine Wahrnehmung, ich würde bald wieder
auf ihn stoßen, war nicht real. Um auf meinen Weg zu kommen, müsste ich entlang
einer Landstraße ohne Fuß- und Radweg gute vier Kilometer wandern.
Ausgeschlossen. Eine neue Route musste her. Ich zeichnete eine Route, zwei
Kilometer südlich vom E1, in die Karte ein, die in 17 Kilometer wieder auf den
E1 stoßen würde. Ein Problem gab es allerdings. Ich würde in dieser Zeit, 17
Kilometer entsprechen ungefähr fünf Stunden, an keiner „Futterkrippe“ vorbei
kommen. Ich überprüfte die „Bordmittel“ und stellte fest, dass ich genug zum Trinken
und Essen dabei hatte, um fünf Stunden in der „Wildnis“ zu überleben.
Meine nun
neue Route führte mich entlang schöner Felder, Wälder und Lichtungen. Meine
Schonhaltung wurde immer schonender für das Schienbein, aber belastender für
die Hüfte. Ich versuchte meinen Gang immer wieder zu verändern, was zur Folge
hatte, dass ich mich mehr meinem Gang widmete als der schönen Gegend, die mir
viel besser gefiel als in den vergangenen Tagen. Ich machte viele Pausen, um
immer wieder meinem Schienbein eine Massage zu verabreichen. Danach war dann
auch erst mal für kurze Zeit gut, bis der Schmerz wieder Macht über mich
ergriff. Es war, als ob mir jemand mit Stecknadeln ins Bein
pikste. Die Wege waren mal breit und gut begehbar, mal sehr schmal und
versteckt, wohl nur Jägern bekannt. Ab und an waren Holzarbeiter im Wald zu
hören oder zu sehen. Die Motorsägen hallten durch das Gehölz, bis ein anderes,
mir bekanntes Geräusch hinzukam. Ich näherte mich zum wiederholten Male der A7
und das würde bedeuten, ich würde auch wieder auf den E1 stoßen und richtig -
wie aus heiterem Himmel sah ich einen Wegweiser des E1. Ich freute mich, als ob
ich einen alten Freund wieder getroffen hätte.
Auf der Brücke über die A7
schaute ich wieder den Autos nach. Diese Autobahn verfolgte mich, oder ich ihr,
nun seit Lottdorf kurz nach Schleswig. Viermal überquerte und einmal
unterquerte ich sie auf meinem Weg durch Deutschland – heute war es das letzte
Mal.
Mein Gang wurde immer idiotischer, auch wurde ich unendlich langsam. Es
lagen nur noch fünf Kilometer vor mir.... Heute! Morgen sollten es zum Abschluss
35 Kilometer werden! Es war mittlerweile 16 Uhr, die Sonne hatte sich doch noch
durchsetzten können, als ich an einer kleinen kaum befahrenen Straße mit
Baumalleen links und rechts Richtung Ziel, Wennebostel, lief. Hier bereute ich
es, dass ich Imke den Auftrag gegeben hatte, mir ein Hotel in Steinhude zu
besorgen. Ich zweifelte an mir und an meinem Schienbein, das schaffen zu
können.
Das Hotel in Wennebostel war schnell gefunden, denn es lag genau auf
dem Weg. Mein Gefühl, als ich es sah, war das Folgende: Ich will nicht mehr in
einem Hotel schlafen, alleine am Tisch sitzen, alleine essen und trinken. Ich
will auch mal wieder mit mir bekannten Menschen und Freunden sprechen. Ich
humpelte zur Schlafstätte, Tür verschlossen. Ich klingelte, keiner machte auf.
So saß ich nun auf der steinernen Treppe und hätte heulen können. ENDE. Nun ist
Schluss. Die Zeichen sind nicht mehr zu übersehen. Mein Körper zeigte es mir
seit Tagen, mein Gefühl war nicht mehr gut, die Hoteltür verschlossen. Hier und
jetzt werde ich das Wanderjahr 2009 beenden. Nach sechs fremden Betten, sieben
Tage wandern und über 190 Kilometern durch drei Bundesländer wollte ich nach
Hause. Der nächste Bahnhof, in Bissendorf, lag nur zwei Kilometer entfernt. Auf der Zugfahrt in die Heimat stornierte ich das Hotel in Steinhude.
Gegen 21 Uhr war ich zu Hause, duschte und wollte vom Wandern nichts mehr hören
und sehen.
Der Arzt, den ich am Montag aufsuchte, stellte fest, dass ich im
Schienbein eine Knochenhautentzündung hatte. Es dauerte einige Zeit, bis ich
wieder schmerzfrei unterwegs sein konnte. Die Belastung war wohl doch zu groß.
Es war ja nicht nur die Last des Rucksacks, die ich mit mir trug, es war auch
mein Leben, das sich derzeit ja im Wandel befand und neu aufgestellt wurde. Und
um Last los zu werden, musste ich mich von Dingen trennen. Entlasten - das würde also die Aufgabe der nächsten Jahre sein.
Abwarten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen