Donnerstag, 13. Februar 2014

7. Etappe....10. - 17.Mai 2008



Samstag, 17. Mai 2008
bewölkt und anhaltender Regen bei 14 Grad                         

7. Etappe: Glückstadt - Wedel

Tagesstrecke:  33 km
Gesamtstrecke: 195 km
Wanderweg: Elbe Rad Weg

Ohne Lärm und morgendlichen Rennmäusen auf langen Fluren, durch das anstehende Wochenende waren keine Schulklassen in der Herberge, wurde ich recht früh wach. Mein erster und zweiter Gedanke: Heute ist der letzte Tag! Heute Abend schlafe ich zu Hause.

Das Frühstück war für eine Jugendherberge schon außergewöhnlich. Außer einer Auswahl verschiedenartiger Brötchen gab es auch Croissants und frisches Obst. Bevor ich startete,  unterhielt ich mich noch kurz mit dem „Jugendherbergsmanager“. Es lagen heute ja ganze 33 Kilometer vor  mir, und ich musste zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten sein. An der Krückau und der Pinnau, die beide in die Elbe münden, musste ich Brücken überwinden, die zu bestimmten Zeiten nicht passierbar waren. Für die Schifffahrt  werden die Brücken gehoben und als Fahrradfahrer oder Fußgänger müsste man bis zu einer Stunde warten.

Die hiesige Zeitung hatte ja Regen voraus gesagt und nach gut 20 Minuten auf dem Weg Richtung Endziel 2008 ging es auch schon los. Erst leicht, dann immer stärker und recht beständiger. Kurz kam mir der Gedanke, wie schön es sei, dass Tageszeitungen auch recht haben könnten, denn ich bin ja einer Tageszeitung eng verbunden. Lange hatte ich aber nicht Zeit, mir mehr Gedanken über Zeitungen und deren Wahrheitsgehalt zu machen, denn zum einen müsste ich mich beeilen,  in die Regenklamotten zu kommen, zum anderen würde mir die Zeitung  meinen Alltag wieder vor Augen führen, der mich Montag erwartete. Nun würde sich zeigen, ob meine „Nassklamotten“ hielten, was sie versprachen.  Regenjacke, Regenhose und Regenschutz für den Rucksack waren schnell übergestreift. Immer die Elbe im Blick ging es stromabwärts, den Betonradweg entlang.  Die Karte brauchte ich heute nicht zu bemühen, es gab nur den einen Weg, den Weg Richtung Hamburg und Wedel. Der Weg wurde mit der Zeit immer langweiliger. Erschwerend kam hinzu, dass überall, aber auch wirklich überall, Schafhaufen lagen. Egal ob ich auf dem Radweg oder auf dem Deich lief. Allgegenwärtig: Schafhaufen. Zu Anfang versuchte ich noch, ihnen auszuweichen. Nach und nach verabschiedete ich mich von diesem Vorhaben. Schlussendlich war es mir sogar egal, ich lief einfach durch die „Kacke“. Die Brückenübergänge hatte ich rechtzeitig überwunden, und um nicht in Langeweile zu ermüden, beschäftigte ich mich mit Kopfrechen. Die riesigen Containerschiffe waren eine schöne Aufgabe. Wie viele Container mag so ein Schiff über die Meere transportieren? 1.000, 3.000, 10.000, 20.000?. Wenn ein Container zwei Meter hoch wäre, wären gestapelte  10.000 Container schon  20.000 Meter hoch oder auch 2,2 mal so hoch wie der Mount Everest. Nun wusste ich, dass auf den größten Containerschiffen der  Mærsk Line bis zu 18.000 Container Platz finden, die jeder für sich eine Höhe von gut 2,60 Metern haben. Macht also übereinander gestapelt gute 46.800 Meter Höhe oder gute 5-mal den höchsten Berg der Erde! Nischenwissen!

In der Ferne sah ich riesig hohe Strommasten, deren Kabelstränge die Elbe überspannten. Umso näher ich ihnen kam, umso höher kamen sie mir vor. Nach guten 2 Stunden stand ich an den Masten, die wie Fort Knox gesichert waren. Ein Infoschild verriet mir und anderen Interessierten, dass die Masten nahezu 227 Meter in den Himmel ragen und damit die Höchsten Europas sind , 60 Meter mehr als der Kölner Dom. Sehr imposant, die in Rot und Weiß gehaltenen stählernen Riesen.

Ich war gut in der Zeit und gönnte mir eine Stunde vor dem Ziel an einer Fischbude einen Bismarckhering und ein Bier. Der Verkaufswagen besaß ein durchsichtiges Vorzelt, das im Wind flatterte, worüber sich die dralle „Bismarckheringsverkäuferin“ sichtlich ärgerte und immer wieder telefonierte. Die Gespräche waren für alle, die im Vorzelt standen, laut und deutlich zu hören. Nur so viel: Ich wäre ungerne der Gesprächspartner der Dame gewesen. Es ging um Heringe, nicht der Fisch, die die man in den Boden rammt und um Vergesslichkeit. Langsam hörte der Regen auf, die Klamotten hatten gehalten und auch die Füße waren nicht nass geworden, als ich langsam am Schulau – Willkommenhöft ankam. Ich hatte es geschafft: 195 Kilometer lagen hinter mir. Ein tolles Gefühl, welches zu Hause, als ich mir die Gesamtstrecke nochmals angesehen hatte, erst richtig angekommen ist. An einem Verkaufsstand, in dessen Inneren ein gelangweilter Mann stand,  würde ich meine letzte Kohle in Bier umtauschen. Es wurden drei. Nach und nach entledigte ich mich meiner Regensachen und beobachtete die Menschen. Vorbeifahrende Schiffe wurden durch einen Lautsprecher begrüßt, als auch ich begrüßt wurde: Tanja, die tags zuvor in der Nähe von Hamburg angekommen war, holte mich ab. Ich freute mich, sie zu sehen, denn ich hatte seit Schleswig kein mir bekanntes Gesicht mehr erblickt. Ein Piccolo, den Tanja als Willkommensgruß mitbrachte, wurde dann auch gleich geleert.

Auf der A1 nach Hause sprudelte es nur so aus mir heraus, alles wollte ich erzählen. Tanja bremste mich wenig ein, um sich besser auf den Verkehr konzentrieren zu können, so wurde ich stiller und stiller bis ich fast eingeschlafen war.

Zu Hause angekommen gingen wir essen,  und ich erzählte von meinen Erlebnissen. Leider ist es uns nicht gelungen, die Beziehung weiter zu festigen. Nach vier Wochen gingen wir getrennte Wege und nach immer weniger werdenden Kontakten verloren wir uns aus den Augen. Zwei Jahre später hatte ich erfahren, dass sie ihren Lebensmittelpunkt wieder nach Hamburg verlegt hatte. Und wie es der Zufall wollte: Am 25. Januar 2014, als ich gerade die  2. Etappe nach Schleswig nieder schrieb, begegneten wir uns in meiner Heimatstadt und redeten kurz miteinander. Gemäß der Aussage meines guten Freundes: „Es werden Dinge geschehen, die du heute nicht für möglich hältst.“ Wie wahr diese Aussage ist, wird sich auch in den folgenden Jahren meines Weges durch Deutschland zeigen! 










Schon 23,3 Kilometer auf der Betonpiste an der Elbe entlang. Die Hinterlassenschaften der Schafe zu umkurven, habe ich irgendwann aufgegeben!











Entpunkt 2008 nach 195 Kilometer. Das Schulauer Fährhaus am Willkommenhöft in Wedel.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen