Donnerstag, 30. Januar 2014

3. Etappe....10. - 17.Mai 2008



Dienstag, 13. Mai 2008 
Sonne-Wolkenmix bei 20 Grad

3. Etappe: Schleswig-Lottorf-Owschlag-Alt Duvenstedt-Rendsburg

Tagesstrecke:  33 km 
Gesamtstrecke: 74 km
Wanderweg: E1/ Regionale Wege

Morgens ging es die knapp zwei Kilometer mit dem Bus zum Bahnhof, denn Tanjas Zug ging um 8.38 Uhr. Auf dem sehr verlassenen Bahnsteig verabschiedeten wir uns, nachdem der Zug eingefahren war.
Ab jetzt war ich also alleine auf meinem Weg durch Deutschland beziehungsweise erst mal durch Schleswig-Holstein. Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass ich begleitet wurde.

Auf dem Weg zum E1, der an der südlichen Seite der Bucht liegt, kaufte ich mir noch bei einem Bäcker Marschverpflegung, um dann auf  Haithabu zuzulaufen. Haithabu, aus heiðr = Heide, und býr = Hof; dänisch Hedeby, war eine bedeutende Siedlung dänischer Wickinger. Der Ort gilt als erste mittelalterliche Stadt in Nordeuropa und war ein wichtiger Handelsort und Hauptumschlagsplatz für den Handel zwischen Skandinavien, Westeuropa, dem Nordseeraum und dem Baltikum. Der E1 führt direkt über den Busparkplatz zu einem hohen Wall, der seinerzeit um Haithabu angelegt wurde. 
In der Ferne sah ich schon eine Brücke, die ich überqueren musste. Es dauerte noch einige Zeit; erst musste ich noch durch eine Schilflandschaft, bevor ich vor ihr stand. Zu meiner Überraschung stand die Brücke im Wasser, was ja erst mal nichts Außergewöhnliches ist. Nur bevor ich die Brücke überhaupt betreten konnte, musste ich zwei Meter durch das Wasser laufen, was auf der anderen Seite nicht anders war. Wohl bisschen kurz geraten, dachte ich noch.

Östlich des Sees, Selke Noor, kam ich auf eine Art Freizeitgelände. Und wie ich noch darüber nachdachte, was hier wohl im Sommer los ein mochte, schoss es mir wie ein Blitz durch den Kopf: Selke Noor, die Freizeitstätte, die jedes Jahr von einem Sportverein aus meiner Heimat angefahren wird, um Jugendlichen eine Woche Urlaub im Zelt zu ermöglichen. In drei Monaten sollte auch mein Sohn mit seinem Freund hier sein. Bevor ich weiter wanderte, hielt ich kurz inne, guckte mir die Stätte genauer an mit der Erkenntnis, dass es ihm hier bestimmt gut gefallen würde.

Obwohl ich schon über zwei Stunden unterwegs war, konnte  ich in der Ferne immer noch den St.-Petri-Dom von Schleswig sehen, der Luftlinie über vier Kilometer entfernt ist. An der Wassermühle Selk ging es direkt über den Hof durch eine schwere Holztür, hinter der sich dann ein Angelsee befindet. Einige Petrijünger versuchten ihr Glück. Durch leicht welliges Gelände ging es auf schmalen Straßen zur Autobahn A7 Richtung Lottdorf. Als ich auf der Brücke über die A7 stand, schaute ich lange den unter mir vorbei rasenden Autos nach. Wenn sie dieser Autobahn bis nach Bayern folgen würden, könnten die Insassen in gut neun Stunden da sein. Ich hingegen bräuchte nach meinen Berechnungen noch neun Jahre! Hier kam mir das erste Mal in den Sinn, über meinen Weg zu schreiben. Auch Buchtitel wurden schon überlegt. „Ich und die A7“!! Keine 500 Meter weiter kam das Dorf Lottorf. Und keine 200 Meter hinter Lottorf kam die Bahnlinie Rendsburg-Schleswig. Das arme Dorf war eingekesselt von Autobahn und Zuglinie. Erschwerend kam hinzu, dass zwei Kilometer Nord-Westlich ein Militärflugplatz liegt. So hörte ich immerzu die Autobahn und abwechselnd einen Zug oder ein Flugzeug. Lottorf hat noch eine Besonderheit. Hier habe ich den E1 verlassen, der nun Richtung Osten ging. Für mich ging es nun auf regionalen Wegen weiter.

Zwischen Lottorf und Owschlag, immer auf asphaltierten Straßen, bekam ich eine neue Wanderbegleitung! Nicht leibhaftig, sondern im Kopf. Es sollte meine „Noch Frau“ sein. Die Scheidung stand im Sommer an, und ich machte mir viele Gedanken über das Verfahren, die Kinder und das noch gemeinsame Haus. Ich schaffte es nicht,  auf andere Gedanken zu kommen. Das Thema war im Kopf und nicht mehr wegzubekommen. Im Grunde hätte ich mir das sparen können, denn das Verfahren haben wir gut über die Bühne bekommen.
Ich hatte die Nase voll von Teerstraßen und versuchte, ab Owschlag Feldwege Richtung Alt Duvenstedt und Rendsburg zu gehen. Das ging auch gleich mal in die Hose und so umkreiste ich einen kleinen Wald, um festzustellen, dass ich nach gut 30 Minuten und zwei Kilometern am Ausgangspunkt stand. Mir ist es dann doch gut gelungen, durch Moore, Heideflächen und Brachland in Alt Duvenstedt anzukommen. Ich war nun 25 Kilometer unterwegs. Die Füße taten mir weh, der Rucksack wurde immer schwerer. Noch gute acht Kilometer, was umgerechnet über zwei Stunden bedeutete. Mich beschlich das Gefühl, Blasen zu bekommen beziehungsweise schon zu haben. Ich traute mich nicht, zu gucken, weil ich Angst hatte, die Schuhe dann gar nicht mehr an zu bekommen. Bis Rendsburg musste ich durchhalten. Notfalls könnte ich ab dort mit dem Zug nach Hause.

Ich hatte dann die Stadtgrenze von Rendsburg erreicht und war erleichtert, gleich am Ziel, dem Hotel, zu sein. Es war mir da noch nicht klar, dass es noch ganze vier Kilometer, lange zähe, quälend lange Kilometer, waren. Die Füße waren nun endgültig rund. Es ging quer durch die Stadt. Alles war mir zu viel. Rucksack, Verkehr, Ampeln, Wegweiser. Es war nun schon 18 Uhr, als ich durch ein Wohngebiet lief, das im Herzen der Eisenbahnschleife, die zur Hochbrücke über den Nord-Ostsee Kanal führt, gekommen bin. Das Hotel war dann auch rasch gefunden. Erst mal zwei Bier. Als ich dann mein Zimmer angucken wollte, kam ich kaum hoch. Das Zimmer war im guten 80er Stil eingerichtet.
Nun kam der entscheidende Augenblick, die Füße aus den Schuhen zu bekommen. Ich traute meinen Augen nicht und tastete an den geschundenen Gliedmaßen-nichts! Keine Blasen. Das kann nicht sein. Nochmals untersuchte ich meine Füße und tatsächlich: außer völlig erschöpften Füßen keine Blessuren. Sofort dachte ich an die „Outdoorschuhfachverkäuferin“ aus Hamburg. Mein kleines Stoßgebet galt ihr. Leider musste ich zum Essen die Schuhe abermals anziehen.
Das wird sich auch noch ändern. In den nächsten Jahren habe ich immer auch einen Satz Klamotten für „gut“ mit.
Ich haben dann der Jahreszeit angepasst angebratenen Spargel mit Bandnudeln in  Bärlauchpesto  gegessen. Satt und zwei Bier später dachte ich über den Tag nach, mir fiel auf, dass ich nur mit mir selbst und der Hotelbedienung gesprochen hatte. Daran musste ich mich auch erst mal gewöhnen.   





 


Die Brücke bei Selke Noor schien mir ein wenig zu kurz geraten. Sobald der Wasserstand ein wenig höher wurde, musste man zwei Meter durch das Wasser, um zu ihr zu gelangen!     

















 Staubige Pisten auf dem Weg nach Alt Duvenstedt.


 

 

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