Donnerstag, 30. Oktober 2014

27. Etappe…..05.-13. Mai 2012



Sonntag, 06. Mai 2012
Etwas Regen bei 10 Grad
                        
27. Etappe:  Helmingshausen – Bontkirchen - Brilon



Tagesstrecke:  18 km
Gesamtstrecke: 678 km
Wanderweg:  Regionale Wege



Rechtzeitig wurden wir wach. Es war also kein Traum, das Zimmer mit dem netten „Geschenkpapierbild“ war real. Geduscht und versorgt ging es in den Speisesaal, den schon andere Gäste aufgesucht hatten. Das Frühstück war Standard und bot genug, um gestärkt zu starten. Der Blick nach draußen versprach weder Sonnenschein noch Regenwetter. Letztlich war alles drin.


10 Uhr, nach dem Bezahlen, 100 Euro für Übernachtung und Frühstück und dem Abendessen, ging es los zum Diemelsee.  Nachdem wir die Diemelsperre überwunden hatten, konnten wir den See in Teilen sehen. 2,5 Kilometer ging er nach Westen, 2,5 Kilometer nach Süden. Die kleinen Verkaufsstände und Sitzmöglichkeiten am Ufer ließen erahnen, was hier bei schönem Wetter so los sein kann. Bevor es für uns oberhalb des Sees weiter gehen sollte, mussten wir erst mal an der Straße entlang laufen. Der Weg oberhalb war sehr schön. Rechte Hand der dichte Wald, linke Hand der See mit Weitblick. Es zog sich leicht zu, so dass das Hochsauerland in den Wolken verschwand. 


Den See hinter uns gelassen, fing es nun doch merklich an zu regnen. Die Regensachen wurden übergestreift und die Stimmung wurde, wie der Himmel, bedeckt. Um nach Bontkirchen zu gelangen, mussten wir mal wieder an einer Straße ohne Fuß- und Radweg entlang. Ich „liebe“ das, und mir fällt dann immer Hans-Peter Kerkeling ein, der in seinem Buch „Ich bin dann mal weg“ beschrieb, nur mit Glück so eine Passage überlebt zu haben, die an einer sehr befahrenen Straße entlang führte. Nun gut, uns kam nur ein Auto entgegen, Lebensgefahr bestand nicht, ich hasse es trotzdem.


In Bontkirchen angekommen, war uns nach Essen und Trinken. Das Dorf mit seinen gut 520 Einwohnern schien erst mal nicht sehr belebt. Unsere Hoffnung, hier etwas zu Essen zu bekommen, schwand, als wir feststellten, dass der Dorfkrug geschlossen hatte. Ein Hinweisschild mit den Symbolen von Messer und Gabel weckte unser Interesse. Keine 100 Meter weiter standen wir vor einem Gasthaus, das schon von außen einen guten Eindruck auf uns machte. Den Gastraum betreten, kam uns als erstes einiges an menschlichem Gebrabbel entgegen, als zweites eine sehr zuvorkommende Bedienung, die uns sofort einen schönen Tisch in einer Ecke mit Rundbank anbot. Die Regenklamotten konnten wir an einen Ständer hängen, der unweit eines brennenden Ofens stand. Froh, eine „Futterkrippe“ gefunden zu haben, sondierten wir unser Umfeld. Da gab es zum einen einen sehr großen Saal, in den wir gelegentlich gucken konnten, wenn spielende Kinder die große Schiebetür öffneten. Hier fand augenscheinlich eine Familienfeier im großen Stil statt. Festlich gekleidete Gäste jeden Alters. Zum anderen einen Tresen, der am heutigen Sonntag wohl zum Frühschoppen genutzt wurde. In dem Bereich, in dem wir saßen, waren wir die einzigen Gäste. Das erste Bierchen war bestellt und bereits am Platz. Die Speisekarte hatte dann doch Überraschungen parat, die uns staunen ließen. Die Speisen auf der Karte trieben einem schon das Wasser im Mund zusammen und die Preise waren sehr human. So bestellten wir wie folgt: Vorab eine Suppe aus frischem Bärlauch. Es folgte Lamm mit Spargel und Bärlauchpesto und zum Abschluss einen kleinen, aber feinen Joghurt mit Vanille und Minze. Abgerundet wurde mit dem einen oder anderen Bierchen. Die Bedienung war sehr aufmerksam und uns war schnell klar, dass das ein Spross des Hauses war. Ein kurzes Gespräch vor dem Gehen offenbarte die Vermutung. Vater kocht, Mutter und die beiden gutaussehenden Kinder in der Bedienung. Vier Sterne von uns. Zu guter Letzt sei noch gesagt, dass wir insgesamt nur 30 Euro zahlten! In den zweieinhalb Stunden, die wir uns im Gasthaus aufgehalten hatten, hatte auch der Regen nachgelassen. Die Regensachen konnten im Rucksack ihren Platz finden.   


Am Ortsende ging es dann bergan, die Beschilderung war etwas versteckt. Durch Wälder und entlang einiger Schonungen kamen wir auf ein freies Feld, an dessen Ende vor einem Wald, den wir als nächstes queren müssten, merkwürdige Tiere standen. Erst hielt ich es für Lamas, doch bei näherem hinsehen und mit Astrids Hilfe erkannten wir Alkapas.

Der Weg führte uns nun wieder bergab, was erst mal im Mittelgebirge nichts Ungewöhnliches war. Der Weg war jedoch so rutschig, dass es uns schwer fiel, nicht auf dem Hosenboden zu landen. Der mit Bärlauch bewachsene Waldboden wurde nur noch am Rande wahrgenommen. Endlich wieder an einem festen Weg angekommen, merkte ich schnell, dass Astrid mit ihrem Schuhwerk merklich Probleme bekam. Es wirkte unrund und immer wieder wurden die Schuhe geöffnet und wieder zugeschnürt. Der Grund war wohl die Rutschpartie zuvor. Leider quälte sich Astrid bis nach Brilon damit. 


Wir waren gut in der Zeit, die Landschaft war schön und die Wege gut befestigt, als wir auf der anderen Bergseite bemerkten, dass der Berg so gar nicht mehr bewaldet war. Da waren sie nun, die ersten sichtbaren Folgen des Sturms Kyrill, der im Januar 2007 über Europa, Deutschland und eben das Sauerland jagte. Dieser Anblick wird mich die weiteren Tage noch mehr beschäftigen. 


Am letzten Anstieg, bevor es runter nach Brilon ging, kamen wir an einer mäßig großen Kurklinik vorbei. Hier sollten Menschen mit Sehbehinderung gesundheitlich versorgt werden. Es gab auch Wanderwege mit Geländer und Blindenschrift. Irgendwie bekam ich ein komisches Gefühl. Viele Dinge gingen mir durch den Kopf. Nicht sehen können. Was bedeutet das, was macht das mit einem, wie ginge das überhaupt. Da ich ein sehr visueller Mensch bin, ist das eine für mich nicht vorstellbare Situation. So wurde ich still und dachte über meinen Weg nach, meinen Weg durch meine Heimat, die ich zum Glück mit allen Sinnen erfahren darf. In Gedanken versunken, dankbar für meine Gesundheit zu sein, bemerkte ich nicht, oder wollte es nicht bemerken, dass Astrid sich immer wieder mit ihrem Schuhwerk rum ärgerte. Mittlerweile war ich sogar genervt davon. Nicht nett, aber es war so. 


Brilon war in Sichtweite. Häuser wurden mehr und dann kann das „Ah ha“ Erlebnis. Vor mir, an einem Baum, erstrahlte in knalligem Rot der für mich erste Wegweiser des Rothaarsteiges. Mein Grinsen zog sich vom linken bis zum rechten Ohr. So sieht er nun aus, der originale Wegweiser, der mich bis zum 12. April 2013 durch das Hochsauerland begleiten wird.


In Brilon angekommen wurde das stadtnahe Hotel schnell gefunden. Das Zimmer war ein Genuss. Riesengroßes Bett, schönes Bad, Wohlfühlsofa. Astrid versorgte ihre geschundenen Füße, während ich ein kleines Schläfchen hielt. In Brilon selbst haben wir nur einen kurzen Spaziergang gemacht und uns abends im Bett die Brote zugeführt, die wir am Tage nicht aßen, natürlich mit Farbfernsehen, Nachrichten und Wetterbericht.


Ein schöner Tag, mit dem kulinarischen Highlight in Bontkirchen, ging dem Ende entgegen. Morgen früh sollte es noch eine Überraschung geben, die ich so weder Vor-noch Nachher erlebt habe. 

    

         










 

Diemelsee Staumauer am Morgen.








 




Diemelsee Richtung Westen. Ohne Wolken wäre das Hochsauerland zu sehen!













Am Eingangsportal zum Rothaarsteig in Brilon.  Der rote Wegweiser wird mich ab der 28. Etappe 9 Etappen begleiter. (154 Km-3.900 Höhenmeter)
Ich freue mich sehr, auch wenn man es mir nicht ansieht.
Innerliche Freude eben!



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