Donnerstag,
15. Mai 2008
sonnig/wolkenlos bei 21 Grad
sonnig/wolkenlos bei 21 Grad
5.
Etappe: Hohenwestedt – Jahrsdorf – Preissen – Itzehoe
Tagesstrecke:
27 km
Gesamtstrecke: 133 km
Wanderweg: Jakobsweg/Ochsenweg
Gesamtstrecke: 133 km
Wanderweg: Jakobsweg/Ochsenweg
Ich
hatte wunderbar geschlafen, fühlte mich sehr gut und war voller Lust zu laufen.
Die Sonne stand schon am Himmel und lachte. In mir schütteten sich
Glückshormone aus. In Hohenwestedt deckte ich mich noch mit Marschverpflegung
in Form von belegten Brötchen ein, bevor es los ging. Kaum 20 Minuten später
traute ich meinen Augen nicht. Am Wegesrand war eine Wegmarkierung des Jakobsweges.
Das letzte Mal hatte ich diesen kurz vor Schleswig gesehen. Die Wegführung nach
Itzehoe, ich wollte dem Ochsenweg folgen, war der gleiche wie der Jakobsweg. „Wunderbar“,
dachte ich, „bei so viel Weg-Markierungs-Unterstützung brauche ich einfach dem
Weg zu folgen“. Der Ochsenweg, den ich heute Richtung Itzehoe wandern wollte,
ist eigentlich ein Radwanderweg. Dieser führt entlang alter Routen, über die
das Vieh vom heutigen Dänemark über Schleswig-Holstein Richtung Süden getrieben
wurde. Auch der Jakobsweg, wie ihn Herr Schäfer beschrieben hat, führt hier
entlang.
Durch
Jahresdorf gekommen, ging es auf Wirtschaftswegen entlang blühender Raps- und im
Saft stehender Kornfelder. Die Landschaft war schön und wechselte immer wieder
von gelb auf grün. Ab und an ging es durch oder an Wäldchen entlang. An einer
Schutz-und Pausenstation hingen Infotafeln über die hier anzutreffenden
Pflanzen- und Tierarten. Auch ein Buch, in das man etwas schreiben konnte, war
ausgelegt. Ich blätterte in ihm und lass die letzten Eintragungen. Die letzte
lag zwei Tage zurück und wurde von einem Paar vorgenommen, die mit dem Rad
Richtung Norden unterwegs waren. Eintragungen von Wanderern habe ich nicht
gefunden. So schrieb ich mein Vorhaben in Kurzform nieder und ging auf dem
„Schienenwanderweg“, wie ich ihn nun nannte, weiter. „Schienenwanderweg“ deshalb,
weil der Weg aus zwei parallel, in Fahrzeugbreite gepflasterten
Betonsteinen bestand. Mal lief ich auf
der linken „Schiene“, mal auf der rechten. Die Kornfelder waren schon gute 100
cm hoch. Wenn ein leichter Wind über diese wehte, ergab das eine schöne
wellenförmige Bewegung. Es sah so leicht und locker aus, als ob ein Meer voller
Federn vor mir lag. In diesen Momenten
machte ich mir wieder, wie schon bei Lottorf, Gedanken über mein Vorhaben, ein
Buch zu schreiben. Texte und Zeilen entstanden schon hier im Kopf, die ich nun
endlich niederschreiben kann.
Das
Wandern war heute der reinste Genuss. Da ich schon recht gut voran gekommen
war, blieb ich immer wieder stehen, um die Landschaft zu beobachten. 16
Kilometer gewandert, kurz hinter der kleinen Ansiedlung Ridders, machte ich am
Rande eines Waldes Mittagspause. Mein Blick ging über ein Kornfeld, in dessen
Mitte eine kleine Erhöhung mit Bäumen stand. Meine Karte verriet mir, dass dort
eine bedeutende vorgeschichtliche Grabanlage verborgen war. Es wirke wie eine
einsame Insel im Pazifik.
Weiter
durch die Rantzauniederung, am Mühlenteich westlich von Hohenlockstadt vorbei,
ging es auf einem kleinen Damm geradewegs Richtung Itzehoe. Dieser Damm war die
ehemalige Zugstrecke zwischen Wrist und Itzehoe. 1889 in Betrieb genommen und
Mitte der 1990er Jahre still gelegt, dient dieser nun als Wanderweg. Eigentlich
sollte ich der Linie sechs Kilometer folgen, doch nach guten vier Kilometern nahm
ich eine Abkürzung über einen Acker, auf dessen anderer Seite ein weiterer
kürzerer Weg nach Itzehoe führte. Die Abkürzung hatte einen kleinen
entscheidenden Nachteil. Einen Graben, viele Brombeersträucher und einen
Stacheldrahtzaun. Alles zusammen, ich dazu noch in kurzen Hosen, ergab
eigentlich keine gute Kombination. Und
so kam es, wie es kommen musste. Zwar hatte ich die Überquerung geschafft,
jedoch mit Kratzern an Waden und Beinen sowie mit Stacheln der Brombeeren an
der Kleidung. Tage später hatte ich dann auch noch einen Stachel aus dem Socken
gezogen. Durch einen Wald kam ich Itzehoe immer näher. Irgendwann spuckte mich dieser
an einer Straße aus, direkt gegenüber war die Jugendherberge. Wer so viel
Instinkt hat, seine Unterkunft zu finden, kann nur ein geborener Wandersmann
sein!
Das
Einzelzimmer war fast neu, mit eigener Dusche und WC. Eine lärmende Klassenfahrt
war natürlich auch zugegen.
Um
zu Abend zu essen, orientierte ich mich Richtung Innenstadt. Schnell ein paar
Karten gekauft und wieder mal zu einem Italiener, der kein Italiener war. Das
Essen war jedoch sehr lecker. Was mir zum wiederholten Male auffiel, war, dass ich
mich nicht wohlfühlte. Nachdem ich den ganzen Tag die Wanderklamotten getragen
hatte, war mir am Abend nach anderer Kleidung. Nicht dass ich stank oder
dreckig war, nein, einfach weil ich mal ein anderes Gefühl haben wollte. Wie
schon erwähnt, in Zukunft habe ich einen Satz „Gut“ mit, wie ich es nenne.
Auf
dem Weg zurück zur Jugendherberge hatte ich noch Lust auf ein Bier, das ich in
einem Supermarkt erstand. Zu meiner Schande kaufte ich auch noch ein Glas
Würstchen und Schokolade. Kann das Leben schön sein. Nachdem ich bei Bier und
Würstchen Tagebuch geschrieben hatte, ging es zum TV Raum. Es war ja
Donnerstag, Heidi Klum Tag, oder besser gesagt, Germany’s Next Topmodel
Tag. Auf einem harten Holzstuhl sitzend in eine 70er Röhre guckend verfolgte
ich das Modeltreiben bei Schokolade. Wer es nicht mehr weiß:
2008 wurde Jennifer Hof, eine kurzhaarige Blonde, Gewinnerin der dritten
Staffel. Ich wusste es nicht mehr! Auch einer der vielen Casting-Entdeckungen,
die ihre Halbwertszeit längst überschritten hat.
Im
Lärmpegel grölender, rumrennender Schulkinder und drohenden Lehrern versuchte
ich zu schlafen, was mir erst nach einiger Zeit mit Ohrenstöpsel gelang.
Kurz hinter Hohenwestedt komme ich wieder auf den Jakobsweg. Da mein Rucksack nicht als Schutt zu bezeichen ist, durfte ich ihn hier kurz ablegen!
Meine Wegweiser des heutigen Tages. Der "Schienenwanderweg",wie ich ihn taufte, führte mich durch die schöne Landschaft.
Das Einzelzimmer der Jugenherberge war nicht groß, dafür fast neu mit eigener Dusche und WC. Bier, Wurst und Tagebuch vor dem Fernsehabend mit "Heidi".
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